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"Reisen" von Brigitte   (Deutschland, geb. 1963)
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Ich ging damals, 1993/94, auf die Insel La Gomera. Der Grund für die Reise war, dass  mir die Insel seit Jahren sehr vertraut ist. Das erste Mal war ich 1983 da. Ursprünglich wollte ich nur ein paar Wochen bleiben. Ich bin dann doch erheblich länger geblieben. Auch, weil die Umstände so angenehm waren und ich mich da recht wohl gefühlt habe.
Wir haben uns damals mit den plejardischen Mythen beschäftigt. Ich selber lese nur ungern. Ich hatte aber damals das Glück, einen Mann kennen gelernt zu haben, der auf Gomera, auf der Finca Al Gaga, auch Place of Light genannt, wohnte. 
Eine Finca, die in einer Bucht liegt. Anfang der neunziger Jahre war es da sehr offen, da war es möglich, dass Leute einfach kommen und gehen konnten. Auch heute ist es noch ein spiritueller Platz. Die Anlage ist wunderschön. Mit Pool und einem riesigen Gummibaum, der am Pool steht. Die Leute, die da leben, bauen selbst Gemüse und Obst an und es wird vegetarisch gegessen und alles selbst organisiert – und man kann da mitarbeiten, wenn man möchte. 
Wir haben uns damals die Zeit genommen, diese mythischen Bücher zu studieren. Tivaka war wirklich ein toller Mensch, er war ein guter Freund von Osho gewesen. Er hat mir, weil ihn die Bücher auch interessiert haben, vorgelesen. Bücher über den pleyardischen Schlüssel - Family of Light, Bücher, die damals von der Barbara Massinjack geschrieben wurden. Ich war wohl wirklich eine gute Zuhörerin. Ich habe versucht, das, was mir vorgelesen wurde nicht nur intellektuell, sondern auch emotional zu verarbeiten. Dadurch wurde ich echter und leichter. Mit dem Vorgelesenen wurde ich immer leichter - Ich wurde leichter und leichter.
Ich kann heute nicht mehr sagen, was es genau war – was da war – es ging um die Augenblicke - die hatten so eine Kraft und es schien mir damals alles auch so einleuchtend und dadurch ist alles  - heute schon fast unwirklich - was sich da abgespielt hat. Der Tivaka hat sich damals glaube ich nicht mal wirklich Mühe gegeben, mit dem Vorlesen – aber er hat es dennoch gerne gemacht. Ich glaube, ich habe einfach ganz genau zugehört. Ich hatte ein schickes Appartement in den Bergen mit einer tollen Dachterrasse – also, die Umstände stimmten. 
Eines Abends habe ich mich entschieden, mein Bett auf die Terrasse zu stellen. Ich habe meinen Platz hübsch eingerichtet und aufgeräumt und fühlte mich schon so leicht. Einfach leicht – es war einfach leicht. Zum Einschlafen hatte ich so eine Maya-Lektüre. Ich habe sie gar nicht richtig verstanden. Da habe ich mich daran erinnert, dass ein guter Freund mal gesagt hat: Weißt du, wenn du mal was nicht verstehst, dann leg deine Lektüre unter dein Kopfkissen, das reicht schon. Dann habe ich diese ganzen bunten Bilder unters Kopfkissen gelegt und mich auf dieses Bett gelegt. Ich hatte diese unglaubliche Leichtigkeit in mir und war sehr beschäftigt mit der Frage: Wie leicht kann diese Leichtigkeit eigentlich noch werden? 
Und dann passierte etwas - erstmals etwas, was für mich wirklich unglaublich war. Ich spürte,  wie auf einmal meine Seele, oder was sich auch immer in meinem Körper aufhält - mich verließ. Ich konnte mich da selber liegen sehen. Zunächst bin ich sehr
darüber erschrocken. Aber ich hatte diese Leichtigkeit und die hatte auch etwas mit Geschwindigkeit zu tun. Ich merkte, dass alles immer schneller wurde. Also, ich, die Brigitte ohne Hülle, die dann so hoch switschte und die Brigitte, die da lag. Wie viel Zeit da war, kann ich gar nicht sagen es war vielleicht auch nur ein Augenblick. Mir war aber plötzlich klar, die eine Brigitte musste der anderen Brigitte, die jetzt gar nicht mehr in ihrer Hülle steckte, sozusagen ein Signal gegeben, dass es jetzt wichtig ist, wieder “rein“ zu kommen, damit die Seele wieder in der Hülle steckt. Und dann habe ich wirklich all meine Kraft – ich erinnere mich – es war anstrengend – habe all meine Kraft benötigt, um wieder drin zu sein. Als ich dann wieder in meiner Hülle steckte, spürte ich nur noch mein Herz. Das war fast so, als wollte es aus meinem Leib springen, weil die Anstrengung so groß war. 
Ich bin dann aus der Wohnung raus gegangen  - ein paar Treppen runter und habe einen Freund besucht, der da wohnte. Ich musste ihm das alles erzählen, weil ich die Geschichte auch loswerden musste. Ich habe mich bei ihm ins Gästebett gelegt. Ich war aber immer noch ganz beseelt von all dieser Leichtigkeit – und die blieb so mit mir. 
Sie reiste noch eine ganze Weile mit mir. Das war der Höhepunkt von der Geschichte. Ich habe danach noch mit vielen Leuten darüber geredet und habe gesagt: – Ich fühle mich so leicht und, und so gut – ich kann gar nicht beschreiben wie – es war fast unbeschreiblich. 
Einer sagte mir: – Ja, mir sind solche Sachen auch mal passiert – aber das waren bewusste von mir herbeigeführte Reisen. Die wurden gesteuert. Das war bei mir aber nicht. Im Anschluss hatte ich dieses Gefühl sicherlich noch zwei – drei Monate lang. Irgendwann habe ich gespürt, dass das Gefühl der Leichtigkeit, auch anstrengend war. Es wurde so anstrengend, dass ich merkte, ich muss jetzt wieder etwas ganz “Erdiges“ tun. Ich habe mich dann entschieden, wieder nach Berlin zu gehen und habe mir relativ schnell wieder einen Job in meinem Beruf als Bauschlosserin gesucht. 
Die Kontinuität dieses Gefühls begleitete mich lange – ich bin morgens aufgewacht und ich war happy! Ich konnte den ganzen Tag über sagen, ich bin happy. Allerdings hatte ich mir immer gewünscht, das Glück, das so mit mir reiste, mit all den Menschen denen ich begegnete teilen zu können, dann wäre alles noch viel, viel schöner gewesen. 

 
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Elke Werneburg - email: art-herstory@web.de