Frauengeschichte(n)
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Nichts von all dem ist jetzt da, nur die Stille und das Licht. Ich drehe mich nochmals auf die Seite und kuschel mich in das Kissen, das fremde Zimmer, das Fenster zu einer unbekannten Stadt im Rücken. Grunze vor Vergnügen. Der erste Mensch, frei von Verantwortung und Pflicht. Zu Haus wäre ich jetzt schon zerpflückt in Puzzlestücke, die sich nur noch im Zentrum zusammenfügen, an der Peripherie jedoch mehr und mehr auseinanderdriften. Ja, es ist, als würde ich schon beim Aufstehen und kurz darauf beim Gang ins Bad über Fragmente und Teile meines Lebens – einige schon lange vergessen und verstaubt – stolpern, die nach mir greifen, sich an/in mir festklammern. Und so wanke ich schlaftrunken durch die Wohnung, klaube hier kaputte Spielzeuge, leere Aschenbecher, sammle dort dreckiges Geschirr ein, und jeder Handgriff wird begleitet von schnell einschießenden Gedankensplittern. Bin ich sehr im Einverständnis mit dem frühen Morgen, gelingt mir manchmal eine Art rhythmisierte Choreographie der Handlungen und der damit einhergehenden Ideen (Traumfragmente, Einkaufszettel, Romananfänge, Materialbilder, Gästelisten, Essenspläne), ein leichtfüßiger, hüpfender Tanz. Meist jedoch ist es ein eher jämmerlicher Kampf mit der Materie, ein Stolpern und Straucheln, mein innen - wie - außen - Parcour. Ein Hastenicht und Kannstemal …. So ist meine morgendliche
Welteroberung ein Laboratorium für Ideen, eine Werkstatt unfertiger
Objekte und fragmentierter Bilder und Erzählungen, die in meinem Kopf
hocken oder in den Ecken der Wohnung. Aufgaben, die mich schier zerreißen.
„An den Rändern der Zentrifugalkraft entstehen die spannendsten Gedanken
und Kunstwerke. Da arbeiten und denken Menschen, die widerständig
und zäh ihren Ideen nachgehen.“ Das hat ein kluger Mensch einmal gesagt
und mit diesen Worten tröste ich mich, auch wenn ich mich oft nicht
freimachen kann von der Vorstellung, dass ich vielleicht doch nur eine
Lumpensammlerin bin, mein Leben ein alter Kleiderschrank auf dem Dachboden,
drinnen wertlose Objekte: ein Paar Puppenaugen neben Manuskriptstapeln,
der Kampfarm eines Amphibienmonsters, ein Archiv aus Zeitungsartikeln …
Ich werde alles auf einen Flohmarkt tragen - schon wieder eine neue
Aufgabe - Nein. Noch besser … Aus all dem Plunder werde ich eine Montage
entwerfen. Eine dreidimensionale, bewegliche Maschinenplastik. Ein Perpetuum
mobile!, eines, das schreibt und malt und wäscht und furzt und schnarcht.
Ja! Eine ferngesteuerte Roboterdame, die nebenbei und souverän
die Hausarbeit erledigt, wichtiges von unwichtigem scheidet. Eine, die
die Streitaxt ebenso führen wie lieben kann. Eine, die nervös
sein darf und griesgrämig und unvollkommen! Ich werde sie LoLa nennen.
Lolalala …Und sie wird meinen hüpfenden, dissonanten Rhythmus dazu
aufnehmen.
Und wenn ich dann müde werde, wird sie mich in ihren Armen sacht wiegen, leise ein Lied dazu knarren, bis ich eingeschlafen bin. Alle Rechte: Cornelia
Becker, Kissinger Str.25, 14199 Berlin
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Elke Werneburg - email: art-herstory@web.de |