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"Stromfahrt Berlin" von Lydia (Deutschland, geb. 1958)
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Mein Freund und ich haben am letzten Wochenende auf die private Idylle verzichtet und sind stattdessen in Sachen Umwelt in Deutschland unterwegs gewesen. Er fuhr mit dem Nahverkehrszug nach Bochum zur diesjährigen Landesdelegiertenversammlung des VCD, sprich: Verkehrsclub Deutschland, und ich mit dem ICE nach Berlin zu einem Fachdialog zum Thema Energieversorgung im Bundesumweltministerium am Alexanderplatz. Als wir uns am Sonntag wieder in die Arme fielen, hatten wir uns etwas zu erzählen.
Jetzt fuhr ich also nach Berlin sozusagen in eigener Sache, denn ich trat in diesem Fachdialog nicht für eine Organisation an, nicht für die SPD, nicht für den VCD, für niemand außer mir. Eingeladen war ich deswegen, weil ich in einem Onlineforum im Auftrag des Umweltministeriums vom Veranstalter Zebralog zum Thema energetische Gebäudesanierung offenbar durch die Qualität meines Beitrags den Organisatoren aufgefallen war. Immerhin werden die Fahrtkosten voll erstattet.
Es gehe darum, Vertreter des Ministeriums, die sich auch mit der Ausgestaltung von Gesetzen beschäftigen, mit ganz normalen Bürgern zusammenzubringen, damit die Bürger lernten, wie im Ministerium Gesetze gemacht würden, und die Mitarbeiter im Ministerium von den Bürgern lernten, gute Gesetze zu machen. Weil man im Ministerium von der überwältigenden Beteiligung am im letzten Mai stattgefundenen Forum „mitreden-u“ so überrascht war, soll es Ende September fortgesetzt werden, auch die Fachdialoge, die erst durch die immense Beteiligung initiiert wurden, sollen eine Fortsetzung finden. So habe ich denn zusammen mit sechs anderen ausgesuchten Bloggern, darunter versierte Vertreter von Umweltverbänden, ein Ingenieur aus der Kraftwerkstechnik, ein Kraftwerksexperte aus dem Osten, artig gesprochen, fleißig zum Thema diskutiert, mich filmen lassen, meine Ideen auf Wandzeitungen und auf kleinen Pappkärtchen notieren lassen und den Vertretern des Veranstalters, des Ministeriums und der ebenfalls eingeladenen Stadtwerke Berlin interessiert zugehört.
Gegen Ende der Veranstaltung um halb fünf meine Euphorie groß, endlich nach Hause fahren zu dürfen, ich war fix und fertig, hatte drei Nächte davor vor lauter Aufregung kaum geschlafen. Auf der Rückfahrt saß ich im ICE neben einem Stromeinkäufer bei einem großen Unternehmen in der Region, der zur Zeit von seiner Firma aus drei Tage die Woche in Berlin stationiert ist, und konnte wiederum mit einem Fachmann zum Thema reden, ein sehr anregendes Wochenende also für mich.
Zuhause beschloss ich zunächst, meinen Energieanbieter zu wechseln. Ich fand heraus, dass ich sehr viel Geld bei Vorauskasse sparen kann, wenn ich den Anbieter wechsele und darüber hinaus zu 100% Strom aus erneuerbaren Energiequellen über einen von mir favorisierten Anbieter beziehen kann. Damit setze ich auf eine Steigerung der Nachfrage nach Strom aus erneuerbaren Energien. Ich bin mir dabei bewusst, dass ich keinen Ökostrom beziehe, wie das etwa bei anderen Anbietern möglich ist. Auch die Stadtwerke bieten einen Ökostromtarif an, der deutlich teurer ist als der Normalstrom, durch den ich aber in den Ausbau erneuerbarer Energien angeblich investiere. Wenn ich den die letzten zehn Jahre bezahlt hätte, wäre ich vielleicht deutlich weniger in den Skiurlaub gefahren, ob mein Geld tatsächlich investiert wurde, das kann mir keiner sagen.
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Elke Werneburg - email: art-herstory@web.de