Frauengeschichte(n)
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Ich habe da fast drei Wochen gelebt. An diesem Ort, wo ich das Gefühl hatte, es ist wunderschön und ich komme irgendwie an. Ich komme an Punkte, an denen ich mich mit mir beschäftigen kann - mit Dingen in meinem Leben. Auf dem Weg von der Casita in der ich gewohnt habe zum Pool kam ich immer durch diesen sehr schön gestalteten Garten. Jeden Morgen bin ich den gleichen Weg zum Schwimmen gegangen. Am Rande gab es Skulpturen aus Ton geformt, die mich sehr, sehr angesprochen und berührt haben. Da gab es eine Vogelfrau und eine, die hieß die Schöne, eine die hatte den Namen Tschernobyl und es gab auch eine Mondgöttin. Also sehr unterschiedliche Skulpturen auch in den Themen. Am Anfang habe ich dies gar nicht so wahrgenommen. Ich habe einfach geschaut und die Figuren auf mich wirken lassen. Dabei hatte ich immer das Gefühl, die stehen da wie Reste und ich hatte ein Gefühl von - das ist etwas ganz Altes und sie berühren mich - bis in mein Herz. Die Figuren bringen mich ans Innerste von mir selbst, an Stationen aus meiner Geschichte, die - in Form gebracht - vor mir stehen. Das hat mich unheimlich berührt. Zunächst dachte ich, einheimische Frauen hätten diesen Garten angelegt. Es war aber eine Künstlerin aus Berlin, die Dolly Hilbert heißt. Es gab auch eine Mappe über sie, in der etwas über ihre Lebensgeschichte stand. Die Frau ist schon fast 90 und sie hat diese Figuren gemacht und diesem Ort geschenkt. Wunderbar. Unter anderem stand da, man könne ihr schreiben. Das fand ich ziemlich toll. So habe ich ihr geschrieben. Ich habe ihr geschrieben zu diesen Figuren, was sie in mir berührt und anregt haben. Erst später habe ich gemerkt, dass es in der Mappe Texte gab, die sie zu ihren Figuren geschrieben hat und was sie für einen Bezug zu ihren Figuren hat und zu dem Material Ton. Ich hatte das Gefühl, es ist eine Frau mit einer ganz anderen Lebensgeschichte als ich sie habe und trotzdem hat sie etwas geschaffen und so in Form gebracht, das mich ganz tief berührt. Ich hatte das Gefühl, ich komme irgendwie bei mir an - obwohl es so ganz unterschiedliche Themen waren. Ich hatte das Gefühl es ist etwas Spirituelles - gleichzeitig aber auch - z.B. in so einem Titel, wie Tschernobyl - mit dem ich auch etwas Politisches verbinde, eigentlich was ganz Schreckliches - gleichzeitig steckt in diesem Politischen auch wieder etwas Versöhnliches. Überhaupt so etwas auszudrücken und umzusetzen und damit eine Verbindung zu mir zu schaffen, das war für mich das Berührende. Da gibt es eine Verbindung zu mir, zu dieser Welt und auch zu dieser Biografie einer Frau, die wirklich viel älter ist als ich. Über dieses tiefe Gefühl kann ich heute noch weinen. |
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Elke Werneburg - email: art-herstory@web.de |