Frauengeschichte(n)
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"Ballettstunde" von Heike  (Deutschland, geb. 1974)
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Ich arbeite in einem Dominastudio als Sklavin. Mein Künstlername ist Maria. Zu mir kommen Männer, die dominante Neigungen haben. Sie schlagen mich und benutzen mich. 
Ich habe vor einigen Wochen einen Termin gehabt, der mich sehr berührt hat. Das war ein sehr, sehr schöner junger Norweger, der gekommen ist – der sehr kindlich auf mich gewirkt hat und der lange gebraucht hat herzukommen und wochenlang vorher immer angerufen hat und nur mit mir geredet hat. Dann hergekommen ist und mir gesagt hat – er möchte mit mir eine Ballettstunde machen. Dann musste ich mir ein Balletttrikot anziehen – er hat sich auch eines angezogen und er hat mich eine Stunde lang schwitzen lassen. 
Die Ballettstunde wurde genau abgesprochen, auch die Kleidung. Er hat mir extra ein Trikot gekauft - in meiner Größe und mitgebracht und so! Wir haben in einem Raum alle Möbel zur Seite geschoben und dann musste ich die verschiedenen Positionen machen, wie es im Ballett so ist. Er hat mich dann halt immer über meine Grenzen hinaus gefordert, bis ich nicht mehr konnte. Er hat mich mit dem Rohrstock geschlagen, wenn ich dann zusammen gebrochen bin. Dabei war er sehr ruhig, die ganze Zeit. Nach dem Ende der Ballettstunde hat er sich nur bedankt. 
Dann habe ich ihn gefragt – ob ich noch irgendetwas für ihn tun kann – weil er einfach nur da stand. Er hat gefragt, darf ich dich anfassen? Da habe ich gesagt: „Ja klar.“ Dann hat er sich ganz nah an mich drangestellt. Ich hab ihn spontan in den Arm genommen und hab ihn angeschaut. Und hab ihn ganz fest in den Arm genommen. Er hat sich sehr an mich geschmiegt und hat mich geküsst und dann hat er mich gefragt, ob er jetzt kommen darf – so – dann hab ich gesagt: „Ja natürlich.“ Und das ist auch passiert – und dann hat er sich bestimmt noch fünf Minuten an mir festgeklammert. Er hat mich angesehen und dann hat er mich gefragt ob ich ihn attraktiv finde – 
„Ja natürlich.“ – Für die Männer, die hier so sind, war er sehr, sehr attraktiv. Außerdem war er sehr jung und wirklich ein sehr, sehr hübscher Junge, auch wenn er so was sehr kindliches hatte. Dann hat er mich ganz traurig angeguckt und hat gesagt, - er kann immer nur in Studios gehen – er schafft es nicht draußen eine Frau anzusprechen. Er traut sich nicht und er wüsste nicht, woran das liegt – es hätte mit Frauen noch nie geklappt und das hat mich sehr, sehr berührt, weil ich gemerkt hab, was für eine wahnsinnige Einsamkeit er spürt. Die meisten Männer, die herkommen die sind nicht einsam, die leben ihr Leben, sind in einer Beziehung mehr oder weniger glücklich. Die kommen nicht, weil sie einsam sind. Aber das war wirklich jemand, der keine andere Möglichkeit der körperlichen Nähe hatte, als diese Art, die doch schon sehr brutal ist eigentlich und das hat mich sehr berührt. Weil er noch so jung ist. 
Bitte sende Deine Geschichte an: 
Elke Werneburg - email: art-herstory@web.de